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Text von Luka Lindič Während ich im letzten Jahr viel Zeit am Hinteren Feuerhörndl der Reiteralm verbrachte, um am Durchstieg der Route End of Silence zu arbeiten, schweifte mein Blick oft rüber in eine große überhängende Wahnsinns-Verschneidung und stellte mir vor, wie unglaublich die Kletterei dort drüben sein würde. Im Mai nach dem Lockdown verbrachte ich zwei Tage allein mit einem Fernglas unter den steilen Felsen der Reiteralm. Ich entdeckte ein paar interessante Linien, die noch auf eine Begehung warten, aber jene am Hinteren Feuerhörndl begeisterte mich am meisten. Dieser exponierte Pfeiler ist der markanteste Felsen in der Gegend und gleichzeitig die Heimat einiger der härtesten Routen. Zurück zu Hause war es sehr einfach, Ines für die Erstbegehung zu motivieren.
Doch wegen sehr instabilem Wetter in diesem Sommer mussten wir unsere Pläne ständig ändern. Wir können die Wände der Reiteralm praktisch von unserer Heimatstadt aus sehen, um rauszufinden, ob sie trocken waren.
Im Alpinismus suche ich meistens nach dem Unbekannten, in dem oft große Ungewissheit mitschwingt.
Ein großer Kontrast und eine neue Erfahrung gleichzeitig, diesmal praktisch jeden Winkel des Berges zu kennen, an dem wir unser Abenteuer für die nächsten Wochen finden würden.
Wir folgten unserer Linie, einem einzigartigen Risssystemen in bestem Kalk. Es war für uns beide eine aussergewöhnliche Überraschung, wie logisch sich die Linie Seillänge um Seillänge fortsetzte und welches Potential wir noch vor unserer Haustüre vorfinden, wenn wir bereit sind genauer hinzuschauen und weite Zustiege nicht scheuen.
Die Enttäuschung, die mit der Absage unserer Expedition nach Alaska einherging, löste sich früher auf, als unsere Route beendet war und schnell konnten wir unser Zuhause und dieses lokale Projekt richtig wertschätzen.
Während der routinierten Arbeit am Berg erschien alles wie immer. Zurück in der Stadt sahen wir uns fast täglich neuen Regeln und Vorschriften sowie Nachrichten über Spannungen, Chaos und Gewalt in aller Welt gegenüber. Tatsächlich eine schwierige Zeit, in der wir momentan leben.
Doch das alles konnte unsere wachsende Zuneigung füreinander nicht aufhalten und so haben wir in Bad Reichenhall geheiratet, dort wo man die Felsen der Reiteralm deutlich erkennen kann.
Vor diesem Hintergrund wurde der Name für unsere neue Route bereits geboren, bevor wir sie fertigstellen konnten. Am finalen Tag der Erstbegehung wurden wir durch unseren Freund Klaus Fengler begleitet. Mit seiner Kamera dokumentiert er das Eröffnen einer Route, in die wir viel Zeit und Herzblut steckten aber auch einiges an Nerven lassen mussten, um unseren Stil zu wahren.
Bald nach der Erstbegehung begannen wir an der freien Begehung zu arbeiten. Das Spiel mit dem schlechten Wetter und daraus resultierenden nassen Fels ging weiter. Doch bald schaffte ich es, trotz der Nässe sturzfrei über die Schlüsselstelle zu klettern und auch Ines gibt alles und machte gute Fortschritte. Wir hatten entschieden, weiter zu klettern, damit ich den kompletten Durchstieg versuchen konnte. Trotz Kampf gegen die große Hitze und einen permanenten Durst, da wir nicht auf einen so langen Tag einrichtet waren, gelang mir der freie Durchstieg. Eine großer Erleichterung und tiefe Zufriedenheit stellte sich bei mir ein. Bald kam ein heftiger Sturm auf und es war irgendwie symbolisch, ein Sturm gemischter Gefühle. Ines konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen und fühlte sich irgendwie zurückgelassen.
Doch ich gab meiner Frau ein weiteres Versprechen, sie bis zum Durchstieg zu begleiten.
Starker Regen, Wind mit Blitz und Donner zwangen uns während des Abseilens, in einer kleinen Nische mitten in der Wand Schutz zu suchen. Wir rutschten instinktiv noch enger zusammen. Unnötige Frustrationen und schlechte Gefühle kühlten schnell ab und verschwanden mit dem frischen Wind.
Eine halbe Stunde später war der Spuk vorbei und die Sonne zeigte sich wieder. Es war eine aufregende Erfahrung, über die ich aber sehr dankbar bin. Auf mikroskopischer Ebene ist es ähnlich wie die globale Corona Virus Situation, welche uns zwingt, einen langsameren Rhythmus zu finden und mit Deinem Partner enger zusammenzurücken. Die Erkenntnis wächst, daß das Glück nur ein Produkt unserer Erwartungen ist.
Fakten
Wiederholer finden 17 Zwischenbohrhaken auf 350 m Wandhöhe und perfekt eingerichtete Standplätze.
Alle Normalhaken wurden belassen, zusätzlich empfehlen wir einen Satz Camalots. Das Platzieren von mobilen Sicherungen im Kalk und besonders in unserer Route fordert einiges an Erfahrung und sollte nicht unterschätzt werden.
Routename: Wolke 7
Ort: Reiteralm, Hinteres Feuerhörndl
Schwierigkeit/Länge: 8a, 12 Seillängen, 380m
Absicherung: eine Mischung aus Normalhaken und Bohrhaken, Standplätze sind eingebohrt
Material: 1 Satz Camalots #0.2 - #3, 10 Expressschlingen
Abstieg: übers Wartsteinband