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Vorgeschichte Im ersten Versuch am 6.187 Meter hohen Kwandge Lho in Nepal scheiterte Ines Papert mit zwei kanadischen Kletterinnen knapp. Die Stimmung nach dem Versuch am Kwandge Lho Anfang Januar war nicht gerade rosig. Frostige Temperaturen und eiskalter Wind herrschten im Basecamp. Audrey Gariepy und Jen Olson plagten Erfrierungen an den Zehen und entschieden sich für die Abreise. Ines fühlte sich erschöpft und vermisste ihren Sohn. Was tun?
Stay and try again!
Zeit für eine kollegiale Motivationsspritze. Der italienische Spitzenbergsteiger Simone Moro befindet sich derzeit in der Region, um die erste Winterbesteigung des Makalu zu versuchen. Er besuchte Ines im Basecamp und fand überzeugende Worten: "If you leave now, you won’t be happy because you won’t have given it your all…stay and try again…!"
Der Versuch am Kwangde Shar
Gesagt getan. Gemeinsam mit Cory Richards, der eigentlich als Fotograf der Damen-Expedition vorgesehen war, machte sich Ines am 8. Januar an die 1.400 Höhenmeter vom Basislager bis zum Wandfuß des Kwangde Shar (6.093m) auf. Diesmal startete das 2-er Team mit Ausrüstung und Nahrung (eine Nudelsuppe pro Tag und eine kleine Portion Haferflocken) für 5 Tage im Rucksack und der Ambition, eine neue Route zu durchsteigen.
Es stellte sich eine leichte Nervosität ein. Eine neue Route versuchen, trotz der schwierigen Bedingungen? Am 9. Januar steigen Ines und Cory in die Wand ein. Das Eis ist dünn und schwierig abzusichern und der böige, eiskalte Wind mit Temperaturen bis minus 25 Grad machen den beiden erheblich zu schaffen.
Die Nächte bringen kaum Erholung, die Steilheit der Wand verhindert, das mitgeführte Zelt aufzustellen. Die Absicherung verlangt maximale Kreativität. In freier Kletterei steigt Ines meist voraus, unter Verwendung von Normalhaken, Klemmgeräten und Keilen im steilen Granit. Das Eis ist zu dünn, um mitgeführte Eisschrauben zu verwenden. Technisch anspruchsvolle Mixed- Passagen fordern die Bayerisch Gmainerin immer wieder heraus.
Der Weg nach Oben
“Die Kletterei macht mehr und mehr Spaß”, schreibt Ines im Expeditionstagebuch und am dritten Tag ist der Gipfel bereits nah. Doch die beiden beschließen, noch eine weitere Nacht zu warten, denn ein Abseilen in der Dunkelheit möchte niemand riskieren: “Unsere Entscheidung, auf 5900m zum letzten Camp umzukehren und es morgen nach dem Sonnenaufgang wieder zu versuchen, ist schnell getroffen.”
Die weitere Nacht in großer Höhe kostet eher Kräfte als dass sie die dringend benötigte Regeneration brächte. “The morning can’t come soon enough”, beschreibt Cory Richards das schlaflose Warten auf das Tageslicht.
Der Gipfel
Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Szenerie erhellen, beginnen Ines und Cory die am Vortag bereits gekletterten Passagen an fixierten Seilen hinaufzusteigen. Danach warten noch einige schwierige Seillängen und nach sechs Stunden anspruchsvoller Kletterei st es endlich geschafft: Gegen 14:30 Uhr am 12. Januar stehen die beiden am höchsten Punkt des Kwangde Shar (6093m) und sind trotz der großen Kälte überglücklich. Die Tränen der Freude gefrieren auf Ines’ Gesicht zu Eis.
Cory kommt nach, und sie fallen sich wortlos in die Arme. Er ist ausgelaugt und sehnt sich eher nach der Befriedigung basaler Bedürfnisse, als dass er vom Glück des “Gipfelsieges” übermannt wäre. “Nothing about this moment seems distinctly special, nor does it feel as though anything of any significance has occurred. All I feel is exhaustion… I want to eat a cheesburger… I want to drink a beer.” Cory Richards
Auch der schwierige Abstieg gelingt nach einer weiteren unbequemen und kalten Nacht in der Wand.
Fakten
Nach einem gescheiterten Versuch am Kwangde Lho 6.178m mit den Kanadierinnen Jen Olsen und Audrey Gariepy macht sich Ines Papert mit Cory Richards auf zu einem neuen Ziel.
Cobra Norte
Berg: Kwangde Shar 6093 m Nordwand / Himalaya
Routename: "Cobra Norte"
Routenlänge: Höhendifferenz 1300m
Schwierigkeit: TD, M8, WI5 scarry (R) und kalt!!! Delaminiertes Sneis (Mischung aus Schnee und eis, schwierig abzusichern aber gut kletterbar)
ErstbegeherIn: Ines Papert und Cory Richards 14. - 17.1.2009
Sonstiges: letztes drittel über die Franzosenroute zum Gipfel