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Mich begleiteten die Journalistin Johanna Stöckl, der Fotograf Franz Walter, Kameramann Sebastian Tischler und „Andes“, Kang Hua, Bergführer aus Beijing. Hier ein Kurz-Interview zu unserer Reise.
Kurzinterview mit Ines:
Eisklettern in Harbin/China. Wie kam es zu diesem verrückten Vorhaben?
Vor einem Jahr rief mich eine befreundete Journalistin an. Sie hatte Bilder vom Eisfestival in Harbin gesehen und fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte an diesen wunderschönen Gebäuden aus Eis zu klettern. Ich stimmte spontan zu.
Warum?
Als neugieriger und offener Mensch interessiere ich mich sehr für andere Kulturen. Die Vorstellung nach China zu reisen, um dort eine vorerst verwegene Idee umzusetzen, gefiel mir von Anfang an. Ich fand es außerdem reizvoll an diesen wunderschönen Skulpturen zu klettern. Dieses Projekt war keine extreme sportliche Herausforderung für mich, sondern eher ein künstlerisches, oder sagen wir besser, sportkulturelles Projekt. Als wir schließlich die ersten Emails an den Veranstalter richteten und erfuhren, dass es noch nie eine derartige Anfrage gab, machte das die Sache natürlich noch interessanter. Die Organisation allerdings war eine echte Herausforderung und durchaus vergleichbar mit den Vorbereitungen für eine Expedition.
Wie kam dein Projekt bei den Leuten vor Ort an?
Ich bin mit relativ geringen Erwartungen nach Harbin gefahren bzw. wusste nicht genau, was auf mich zukommt. Insofern war ich natürlich sehr glücklich über die positiven Reaktionen. Sowohl beim Veranstalter als auch den Festivalbesuchern kam meine Eiskletter-Aktion sehr gut an. Vor allem die Night-Sessions waren richtig gut besucht. Ich denke unser Projekt war für alle Beteiligten ein voller Erfolg.
War es schwierig bei derart tiefen Temperaturen zu klettern?
In der Tat, es war bitterkalt in Harbin. Tagsüber minus 20, nachts minus 30 Grad. An einem geschlossenen Eisfall wäre es viel zu gefährlich bei so tiefen Temperaturen zu klettern. Beim Setzen der Eisgeräte würden sofort große Spannungsrisse entstehen, sodass das Eis brechen würde. Hier in Harbin allerdings waren die Gebäude aus einzelnen Eisblöcken gebaut, ähnlich wie bei den ägyptischen Pyramiden. Das hat die Sache erleichtert. Vom Eis her war das Klettern also kein Problem. Wobei, das Setzen der Eisschrauben für die Sicherung war schwierig, denn das Eis war hart wie Beton. Natürlich waren meine Finger und Zehen innerhalb kürzester Zeit eiskalt und taub. Aber es gab genügend Möglichkeiten sich wieder aufzuwärmen. Insofern kam ich ganz gut mit der Kälte klar.
Apropos Sicherung. Wer hat dich eigentlich gesichert?
Wir hatten einen chinesischen Bergführer gesucht, der Erfahrung im Eisklettern mitbringt und sehr gut Englisch spricht. Es war gar nicht so einfach jemanden mit diesen Qualitäten von Deutschland aus zu organisieren. „Andes“, Kang Hua aus Peking war ein Volltreffer. Er war nicht nur mein Sicherungspartner, sondern ein wichtiges Teammitglied.
Inwiefern?
Er war das Sprachrohr, hatte unsere Idee verstanden, unterstützt und gegenüber der Stadt und anderen Offiziellen alle Bedenken aus dem Weg räumen können. Die Veranstalter fanden unsere Idee ja grundsätzlich gut, hatten aber große Zweifel. Einerseits waren sie um ihre Eisgebäude besorgt und dachten, ich würde mit meinen Eisgeräten Schaden anrichten. Andererseits machten die sich aber auch Sorgen um meine Sicherheit. Andes hat einen super Job gemacht.
Hast du auch die Eisskulpturen-Künstler in Harbin besucht?
Ja. Und es war großartig. Uns verbindet eine gemeinsame Liebe, die zum Eis. Zu sehen, wie aus einem großen Eisblock innerhalb von ein paar Tagen mittels einfacher Werkzeuge in Handarbeit eine wunderschöne Skulptur entsteht, war beeindruckend. Ein natürlicher Eisfall, an dem ich normaler Weise klettere, ist ja auch gewissermaßen ein Kunstwerk. Außerdem verbindet mich als Eiskletterin mit den Eisskulpturenkünstlern ja auch das Thema Vergänglichkeit. Insofern waren die Gespräche mit den Künstlern sehr interessant.
Was nimmst du mit von dieser Reise?
Viele tolle Erlebnisse und intensive, zum Teil richtig rührende, Begegnungen. Die chinesische Gastfreundschaft hat mich enorm beeindruckt. Das hatte ich so wirklich nicht erwartet. Man hat sich um uns gekümmert, uns immer geholfen, ist uns mit offenen Armen und einer großen Neugierde begegnet. Am Ende waren wir sogar bei den Eltern unseres Guides zu Hause zum Abendessen eingeladen. Und saßen einmal sogar – in Sportklamotten – neben dem Bürgermeister der Stadt Harbin bei einem hochoffiziellen Bankett.