Ines Papert

Riders on the Storm

Ines Papert und Mayan Smith-Gobat klettern „Riders on the Storm“ an der Ostwand des Torre Central in Patagonien – 25 Jahre nach der Erstbegehung

Am 6. Februar 2016 erreichen die beiden Frauen gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Senf den höchsten Punkt des Torre Central (2.800 m) über die schwierige Ostwand. Damit sichern sich Papert und Smith-Gobat die fünfte bis dato bekannte Begehung von „Riders on the Storm“ nach der geschichtsträchtigen Erstbegehung vor exakt 25 Jahren.

Thomas Senf
Foto: Thomas Senf

Erstbegangen worden war die Route 1991 von den Kletterlegenden Wolfgang Güllich, Kurt Albert, Bernd Arnold, Norbert Bätz und Peter Dittrich während einer 6-wöchigen Expedition. Die Schwierigkeiten: 7c, A3, ABO; dabei steht ABO für „abominable“, französisch für „abscheulich“. Die Abkürzung ABO steht für „abscheulich schwierig“, was in der französischen Bewertung für den Gesamtcharakter die höchste Stufe über Extrêment Difficile (ED) darstellt.

Die komplette freie Begehung von Riders on the Storm steht bis heute aus, dies gelang auch Papert und Smith-Gobat nicht. Die beiden Alpinistinnen, deren Ziel eine freie Begehung war, haben allerdings in fünf neuen Seillängen eine frei kletterbare Variante ausgemacht und zwei weitere Seillängen der Originallinie befreit.

Trotz des berüchtigt schlechten Wetters von Patagonien gelang es dem Team, die Ostwand bei stabilem Hochdruckwetter, warmen Temperaturen und moderaten Windgeschwindigkeiten anzugehen. Die ersten Schönwettertage wurden bis zur Erschöpfung genutzt. Dabei kamen interessante Klettertechniken zum Einsatz. So beschreibt Ines Papert: „Nie zuvor schien es mir nötig, mich für je einen Kletter-Reibungsschuh und je ein Steigeisen zu entscheiden. Doch die 18. Seillänge, ein Offwidth (7B+), ließ mir keine andere Wahl. Eine für mich völlig unbekannte Technik, deren Namen ich vielleicht prägen könnte – 'hochgepapert'? Außerdem nutzte ich meine Eisgeräte nicht nur zum Klettern, sondern auch als Zwischensicherung.“

Mayan Smith-Gobat: „Nicht selten klemmten die Finger, die Hand oder gar der ganze Körper in einem vereisten Riss, was auch für mich eine neue Erfahrung darstellte. Das Gefühl in den Fingern nicht zu verlieren, blieb in der eisigen Kälte oft nur ein frommer Wunsch. Trotz blutender Finger konnte ich die 29. und 30. Seillänge befreien.“

Erst konzentrierten sich die beiden auf die oberen Seillängen und den Gipfel, denn die bekommt man in Patagonien nicht geschenkt. Und so stand das Team gemeinsam mit Thomas Senf als Fotograf und wertvollem Unterstützer am 6. Februar um 12.48 Uhr auf dem höchsten Punkt des Torre Central.

Ines Papert: „Diesen Gipfelmoment möchte ich wahrlich als magisch bezeichnen. Mit jeder Seillänge mehr hatten sich unseren Augen beim Aufstieg weitere Gipfel der Umgebung aufgetan. Aber was sich uns ganz oben präsentierte, ist kaum in Worte zu fassen. Unzählige Gletscherseen in allen Blau- und Grüntönen, schneebedeckte Gipfel soweit das Auge reicht, steile Felswände in allen Richtungen, der Blick dahinter in eine endlos weite Ebene und in entgegengesetzter Richtung das Inlandeis. Wir fallen uns in die Arme und sind sprachlos. Kein Wind ist spürbar. Keine Wolke trübt den Himmel. Für einen Moment sind wir die glücklichsten Menschen auf dieser Erde.“

Die Freude über den Gipfelerfolg wurde in der folgenden Nacht gedämpft. Ein kühlschrankgroßer Felsblock löste sich in der Wand und fiel lautstark an den schlafenden Kletterinnen vorbei ins Tal. Ein Stein, der das Portaledge trifft, das Fly (Zelt) in zwei Hälften zerreißt, blieb knapp neben den erschrockenen Alpinistinnen liegen.

Dann wurde das Wetter schließlich richtig „patagonisch“, was zur Folge hatte, dass nur noch minimale Zeitfenster übrig blieben, um Freikletterversuche zu starten. Schließlich akzeptierte das Team, dass die zwei schwierigsten, aber kletterbaren Seillängen ihrer Variante diesmal nicht frei geklettert werden konnten.

Die Ernsthaftigkeit dieser Wand stellte das Team auf die Probe. Ines' Helm wurde durch Eisschlag zerstört. Als sie am letzten Tag unwissend an nur einer verbliebenen Litze des durch Steinschlag zerstörten Statikseiles aufgestiegen ist, beschloss sie: „Ich hatte reichlich Glück in dieser Wand. So reizvoll es erscheint, wiederzukommen um das Projekt zu finalisieren, aber ich habe mich dagegen entschieden. Mayan allerdings möchte sich dieser Aufgabe ein erneut stellen, wofür ich ihr alles Glück der Welt wünsche.“

Fakten

  • Riders on the Storm, Torre Central 2.800m, Ostwand
  • Torres del Paine Nationalpark, Chile
  • 38 Seillängen (incl. der neuen Variante), 1.300m
  • Schwierigkeit: 7c+, 2 Seillängen der neuen Variante deutlich schwieriger aber möglich
  • bis auf 4 Seillängen konnten alle Seillängen frei geklettert werden
  • Begehungszeit: 16. Januar – 20. Februar 2016, 15 Klettertage
  • Gipfel erreicht am 6. Februar 2016 um 12.48 Uhr
  • Fünfte – bis dato bekannte – Begehung
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